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Die Kommunikation des Aufstands

 

Als Marie Rotkopf, die erste Hälfte des Mitglieds von l’Internationale Surplace, mich gefragt hat, ob ich einen Text über die Gruppe schreiben könnte, war ich eigentlich nur halb überrascht. Unser erstes Treffen fand nach dem Auftritt von Lanzmann im Übel und Gefährlich statt. Frau Rotkopf hatte mich gebeten, dass unsere Begegnung unter uns bleibt. Aus ihrer totalen Verachtung für den Popjournalismus machte sie keinen Hehl. Im Gegenteil, nachdem ich ihr gesagt hatte, dass ich in der Redaktion von Spex tätig bin, schüttete sie mir ihren Sekt Aperol auf mein Blackberry. Um nicht als Antisemit zu gelten, schwieg ich. Man weiss ja wie schwierig es ist, als Deutscher eine saubere Haltung zum Nahostkonflikt zu haben. Man weiss auch wie empfindlich die Juden sind, wenn man über die Kulturindustrie spricht. Und obwohl wir scheinbar als Feinde auseinander gingen, reichte ich ihr meine Visitenkarte, nachdem sie sich trotzdem entschuldigte. Einige Zeit danach besuchte ich eine Ausstellung der Gruppe, und wir redeten nochmal zusammen, auch mit Daniel Megerle, der zweiten Hälfte. Natürlich nicht über Politik. Sondern über Kunst und ihre Vermittlung. Wir sprechen über die kommende Ausstellung.

"Die Kommunikation des Aufstands" und wie sich das Konzept von Paradies, Purgatorium und Hölle durch die Räume ziehen. Das Paradies wird durch den Durchgang des Purgatoriums erreicht, was hier die Zerstörung der bestehenden Welt meint. Da das Paradies als Natur gedacht ist, jedoch Zyklen unterworfen und dadurch instabil ist, fällt der abendländische Mensch in seiner Erwartungshaltung in die Hölle einer absurden Hoffnung zurück, wie dies auch von Giorgio Agamben in seiner Figur des homo sacer formuliert worden ist. Auch in der derzeitigen Systemkrise des postfordistischen Kapitalverwertungsmodells scheint dieser geschichtsteleologische Imperativ auf, wie mir von den beiden versichert worden ist.

Ich denke nun, zweieinhalb Jahre nach der Wahl von Barack Hussein Obama, die als grosser change im globalen Popdiskurs -one groove, one nation- gehandelt wurde, dass der point of no return im Niedergang nicht nur von Detroit erreicht scheint. Die black power der Negation der riots in den amerikanischen Vorstadtsiedlungen, geht als Aschewolke in den banlieus von Tripolis nieder. Und das Aschemonster von Island befindet sich jetzt in Fukushima. Genau.

Adel verpflichtet. Aus diesem Grund formuliert Internationale Surplace seine Inhalte in den derzeit international verhandelten ästhetischen Diskurs-Parametern. Sie läuten das Revival der 90’er ein und rufen mit Paul Feyerabend: Anything goes! Hier ist nun -wenn ich das mal so formulieren darf- Schicht im Schacht für den formalistischen neo romantic-Eskapismus der Nullerjahre. Fotografie trifft auf Skulptur; digitale slideshow auf Bleistiftzeichnung. Eine force de frappe direkt aus den postavantgardistischen Schützengräben zwischen den globalisierten Schlachtfeldern der Kulturelite.

"Internationale Surplace" übersetzt sich mit auf der Stelle treten. Dies meint die Betonung auf die gegenwärtige Realität. Man kann nicht wissen wie die Zukunft sein wird. Ob der gegenwärtige Zustand ein Fort- oder Rückschritt ist, oder ob es letztlich eh nur einen status quo gibt.“, meint Megerle. Rotkopf hingegen: „Nachdem ich das Interview im Katalog zur Ausstellung The elephant behind the clown zwischen Herrn Tal R und Herrn Florian Waldvogel gelesen habe, wurde mir klar, wohin die Zirkuswelt geht, von der die Künstler träumen. Aber das weiss nur ich.“

Text: Max Dax

2011-2015

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TOLERANZ

 

ihr liebt Simone de Beauvoir und Claude Cahun
Suff und Situationismus
Gender und Gentrification
ihr seid die Wilden in Berlin, Paris oder London

in Amerika ist dies längst nicht mehr möglich,
aber ihr redet immer noch lächelnd, über New York
über Los Angeles

der Fakt ist,
dass ihr eine Mischung seid aus Eva Braun, Judith Butler und Yoko Ono

mit euren Tagen des anders Sein-Wollens
in euren freien Ghettos

ihr merkt es nicht
eure Referenzen,
eure Wiederholungen,
eure Kreistänze

heutzutage

ihr habt Angst vor allem

vor den anderen Frauen

Vor allem vor
dem Hass auf euch selbst

schade für euch

schade für die Männer

Angst vor
der Zerstörung
so wie eure Großväter, die es getan haben
so wie eure Großmütter, die Stripperinnen,
aber nicht der Seelen ihrer eigenen Mütter

vor allem aber vor
dem Humor
weil ihr keinen habt
weil ihr frigide Christen seid
oder weitsichtige Künstlerinnen

ihr verwechselt,
Wut mit Selbsthass
Buddhismus und Salon

so wie ihr an die Ehrlichkeit der NGO's glaubt
glaubt ihr nicht an Alice Schwarzer
glaubt ihr an die Verbindung zwischen Sexualität und Feminismus
im Jahr 2012 in den Europäischen Metropolen

ihr habt wieder die Mauer errichtet
schaut euch eure Stylelesben an

eure Phantasien
obwohl ihr euch nie trauen würdet
und für gewöhnlichen Sex braucht ihr Erklärungen

die Erklärungen von Guy Debord und Charlotte Roche,
die Feuchtgebiete des Spektakels
die überholte Gesellschaftskritik läuft immer gut rein,
nur dass Mademoiselle Roche ihre Tochter nach dem Modell ihrer Mutter erzieht
und Debord der Vater von uns allen ist,
der seinen Frauen auf der Tasche gelegen hat

ihr seid nicht fähig Politik zu machen
dafür habt ihr die Grünen
und denkt, dass Politik nicht mit Kommunikationsdesign und PR verbunden ist
sonst würdet ihr diese Partei nicht ernst nehmen

ihr wollt Natur, Reinheit und Protofaschismus

und denkt, dass das Leben nicht schwarz und nicht weiß ist
deine Stelle hast du aber nur bekommen, weil du mit den Professoren befreundet bist
und ohne Kaiserschnitt wärst du schon längst gestorben

ihr habt Angst vor Solidarität
weil ihr sie nicht wollt

ihr wollt nur die Macht
als Ersatz für Liebe und Sex, den ihr nicht habt

ihr seid Streberinnen

heimlich wollt ihr Huren sein
manchmal -
wenn ihr keine Mütter seid
so seid ihr dennoch keine Jungfrauen
mainstream und konservativ
seid ihr
wie Sofia Coppola
vergewaltigt von ihrem Vater

ihr macht Ausstellungen, die ihr „Elles“, also „Sie“ nennt im Centre Georges Pompidou
und zitiert parallel Foucault

ihr versteht eure Referenzen nicht
und träumt von modernistischen Heldinnen
die nichts zu zeigen haben
außer ihren nationalistischen Komplexen
und die Gesichter ihrer abwesenden Väter

ihr habt vergessen,
dass Männer homosexuell sind

wie Marguerite Duras es gesagt hat

und ihr habt Angst davor
euch zu lieben

obwohl

ihr so viel akzeptiert

ihr seid die Heldinnen der Toleranz

ihr akzeptiert Leute wie Christoph Schlingensief, der sich in Burkina Faso für eine alternative NGO hält,
und Benzin auf die Tische der Touristen gießt, wie eine von den Tausenden kleinen schwarzen Mädchen, um die Fliegen zu vertreiben,
egal wie es ihnen auch gehen mag

ihr nennt das Theater, wie die Eliten und die Touristen – was das selbe ist- und ihr seid im Endeffekt nur Fliegen
der Preis ist an ihn posthum verliehen worden und es wundert niemand,
weil ihr das seid

Ihr wollt die Frauen in Iran befreien, aber nicht in Saudi-Arabien,
denn sie haben das Öl
das schwarze Gold
dass von der NATO geschützt wird

ihr werdet wie Yukio Mishima enden
ein Weichei mit Muckis
der sich ein öffentliches Hara Kiri gegönnt hat
und ihr macht immer noch
Yoga

ihr seid harmlos
und komisch
ihr solltet lernen
anders zu atmen

was ihr bei Männern, oder Homosexuellen, oder Transexuellen toleriert,
würdet ihr nicht bei einer heterosexuellen Frau akzeptieren

solange ihr politisch-korrekt in eurer Blase bleibt,
werdet ihr nie Gleichberechtigung und Feminismus aussprechen können

Simone de Beauvoir habt ihr nie gelesen
wie wäre es sonst möglich
dass ihr mit dieser adligen Ritze einverstanden seid

ihr möchtet lieber in Ouagadougous Straßen spazieren gehen, als im Café de Flore
zu sitzen
wie hier im Golem oder auf Kampnagel

Ja -
wo ist die Grenze

ihr findet es normal, dass Adlige mit Stolz den Namen des Vaters tragen

und habt nichts weiter zu sagen
obwohl die Unterwerfung andauert

weil ihr nicht mehr wisst, wie Feminismus beginnt

Angela Davis lebt noch,

ihr toleriert die Polithure Michelle Obama und die Weltordnungsdiktatur ihres Ehemanns
weil ihr nicht eure Poplinken Freunde verletzen wollt

ihr habt verdrängt, dass sich feministische Fragen zu stellen, mit Ökonomie und Laizität anfängt.

ihr akzeptiert die adlige Haltung
und staunt über das Getue der Dandys
weil ihr im Grunde gerne gleichzeitig
die Schlossherrin spielen würdet,
und unsere Gesellschaft ins Zweifeln bringen möchtet

ihr wisst nicht,
wo und wer eure Feinde sind

ihr seid traurig

ihr seid die Mehrheit

und

ihr seid peinlich

 

© Marie Rotkopf, 2012

Gelesen in Kampnagel, Hamburg
Musik von Onur Burgaz

http://www.kampnagel.de/de/programm/archiv/?rubrik=archiv&detail=1039  

 

 


EUGENIKWINTER

 

Als treudeutscher Protestant
mit streng preußischen Genomen
tröte ich durch den Blätterwald als Elefant
im Feuilleton integriert man Macht in Idiomen

In Hinterzimmern feilt man an Parteien
Blut und Knochen; Rhetorik und Geld
Barrikaden wie Fallgitter werden euch entzweien
Gummischurz mit Flecktarn; deutsche Blutwurst in alle Welt

Integration nennt sich die gefräßige Amöbe
Fremdkörper aus Furcht vor dem eigenen Land
Im Labor Deutschland züchtet man das Blöde
Der Vater heißt Krieg –  die Sprache entfacht den Brand

 

Der von Thilo Sarrazin prognostizierte Niedergang Deutschlands meint eigentlich die tief sitzenden Angst der Mittelschicht vor dem sozialen Abstieg.
Dies ist der Kern seiner Thesen.
Und es wirkt wie eine konzertierte Aktion, wenn im Haus der Bundespressekonferenz-welches dem Allianz-Konzern gehört-, sein Buch „Deutschland schafft sich ab“ vorgestellt wird, das bei DVA erscheint (Rupert Murdochs´ Random House) und im Vorfeld massiv in der Springer-Presse und im SPIEGEL („Sturmgeschütz des Neoliberalismus“)die Propagandatrommel gerührt wurde.

Deutschland im Abendlicht *

* So sollte ursprünglich der Titel heissen, laut einem Interview mit Sarrazin bei Deutschlandradio.

Mission accomplished. Und mit goldenem Fallschirm abgesichert auf Mallorca landen.
Dort kommt Sarrazin Bundespräsident Wulff nicht in die Quere.

Die Zelle teilt sich und kopiert die konservativen Inhalte, um sie in der entstandenen Zelle neu zu gruppieren.
Sie nennt sich NLKU – National-Liberale Konservative Union.

Zwei Jahre nach dem Lehman Brothers Desaster und den immer weiter aufklaffenden Abgründen in der HRE Bank, muss endlich der Blitzableiter angelegt werden, um dem Volkszorn beizukommen.
Ein Krieg muss her; das Kleinbürgertum rüttelt am Tor von Bellevue.
Die potemkinschen Dörfer wollen nicht mehr wachsen; die Blasen schrumpfen.
Aus Stagnation wird Permafrost; schon sammeln sich die Wölfe.

Durch die anhaltende weltweite Krise steht der hart erarbeitete Wohlstand in den Industrienationen auf der Kippe.
Wird China weiter wachsen, um die Defizitkonjunktur in den USA zu stützen?

Um die unteren Ränge von den höher hängenden Fleischtöpfen fernzuhalten, bedarf es einer Legitimationsstrategie, welche durch Sarrazin, Heinsohn, Henkel, Dohnanyi, Koch und Co. geliefert wird.
Der größte Raubzug aller Zeiten braucht seine ideologische Flankierung.
Auch linksrheinisch werden mit Eifer die Methoden für die Abbrucharbeiten am Sozialstaat und der Solidargemeinschaft aus Berlin übernommen.
Schon driften die Bevölkerungen in Belgien und Spanien auseinander.
Die Studentenhackfresse als Nationalsymbolismus
Der dampfende Stierkopf gebettet auf Separatismussumpfblüten
Die Stiefel hämmern auf das Pflaster;
Die Totschläger wäscht man in der Donau

Oberprekariat

Die Integration in die Oberschicht verläuft über das Erbe und die Erziehung.
Auf den entsprechenden privaten Erziehungseinrichtungen werden die sozialen Fertigkeiten vermittelt.
Mit diesen Kodierungen steht die durchsichtige Grenze zur Mittelschicht und den „bildungsfernen“ Schichten.
Die Mittelschicht mit gehobenem Einkommen möchte sich ihren Status erhalten oder ihn nach Oben ausbauen, und befürchtet durch den Kontakt ihres Nachwuchses mit benachteiligten Kindern aus dem „Prekariat“ diesen Anschluss zu verlieren.
Die Illusion des Aufstiegs mit dem Fahrstuhl in die leer geräumte Etage muss aufrecht erhalten werden.
Deshalb die Ablehnung des gemeinsamen Lernens in der Ganztagsschule; Mutter gibt nachmittags besonderen Nachhilfeunterricht in gutem Benehmen; man strebt nach dem humanistischen Bildungsideal.

Von der Theorie zur Tat

All dies ist nicht neu. Thilo Sarrazin betet nach, was von sozialdemokratischen und völkischen Rassenhygienikern in ähnlicher Weise seit Anfang des 20. Jahrhunderts verbreitet worden ist.
Schon vor mehr als hundert Jahren verbreiteten sich in wissenschaftlichen Kreisen Theorien über Vererbung und Hygiene, welche auf die unteren Schichten angewendet, das Massenelend des in den urbanen Zentren lebenden Industrieproletariats nicht mehr ökonomisch und sozial aufgefasst hat.
Vielmehr setzte sich eine Sichtweise durch, die eine Degeneration rein durch Vererbung, Alkohol, Prostitution, Geschlechtskrankheiten etc. behauptete, und Elemente wie schlechte Ernährung, Verarmung, harte Arbeitsbedingungen etc. ausklammerte.
Der Blick verschob sich vom Individuum, welchem bis dahin unveräußerliche Qualitäten wie die Menschenwürde zugeschrieben wurden, in Richtung eines aus der Darwinschen Theorie entlehnten Gattungsbegriffs. Der organische „Volkskörper“ sollte von allen „erblichen Minderwertigen“ gereinigt werden, da dies die natürliche Zuchtwahl hemmen würde.
Der aus der Darwinschen Theorie kommende Begriff „fitness“ (= Angepasstheit) wurde durch die wertenden Begriffe „Tüchtigkeit“ oder „Tauglichkeit“ ersetzt. Hier werden soziale Hierarchien biologisiert. Es erscheint eben als natürlich, dass der „Tüchtige“ oben erscheint.
Diese Verschiebung in der Interpretation  -der damals sich noch nicht durchgesetzten Theorien von Darwin- von einer progressiv-demokratischen (allgemeine Verbesserung durch Evolution und wissenschaftlich- technischen Fortschritt) hin zu einer reaktionär-aristokratischen Deutung des politisierten Inhalts, sollte einerseits gesellschaftliche Ursachen sozialer Probleme verschleiern, aber auch die bestehenden Verhältnisse zu verklären helfen.

Auch im Europa des Jahres 2010 werden eugenische und rassistisch-anthropologische Elemente in die Diskussion um Migration, Sozialstaat und Gesundheitswesen eingeführt, welche zuvor jahrzehntelang im Schatten des nationalistisch-völkischen Untergrundes versteckt waren. Im Zuge der sich verschärfenden gesellschaftlichen Verwerfungen, wo weite Teile des Bürgertums sich ihres Status nicht mehr sicher sein können, werden auch Maßnahmen akzeptiert, welche für einen Großteil der Bevölkerung die Teilhabe am Wohlstand unmöglich machen sollen.
Die nach dem II. Weltkrieg durchlässiger gewordenen sozialen Schichten sondern sich von Jahr zu Jahr mehr ab. Schon spricht man von einem wiederkehrenden feudalen oder auch postdemokratischen System, in welchem sich der Zugang zu Hochtechnologie, Bildung und Gesundheitsvorsorge nach dem Einkommen und dem Vermögen richtet.
Besonders die liberalen und demokratischen Staaten -wie beispielsweise die Schweiz, Dänemark und die Niederlande- sind eifrig damit beschäftigt strenge Einwanderungsbestimmungen zu erlassen und den Sozialstaat zu demontieren. Selbst in Frankreich -dem Mutterland der Menschenrechte- werden neuerdings wieder verschiedene Kategorien von Menschen ausgemacht. Der Präsident hat die Brandrede dazu in Grenoble gehalten, und erhält -wie Sarrazin hierzulande- entsprechenden Applaus von Rechtsaußen.
(Durch die Schaffung des Kosovo können nun die Regierungen von Bulgarien, Rumänien, Frankreich und Deutschland gemeinsam die Abschiebungen von Zigeunern organisieren.)

EUGENIK

„Erhaltung der Rassentüchtigkeit“ versus „Lehre von der Gleichheit aller Menschen“

Der Begriff der Eugenik wurde durch den britischen Forscher Francis Galton (1822-1911) im Jahre 1883 geprägt.
Eugenik meint die „Wissensschaft vom guten Erbe“. In Deutschland hat sie sich vornehmlich durch die Bezeichnung „Rassenhygiene“ verbreitet. Man kann sie als Vorläuferin der modernen Humangenetik betrachten.
Die Idee, dass man die Gesetze der Zucht, von der Pflanzen- und Tierwelt auf die Menschheit übertragen kann, reicht zurück bis in das Altertum. Jedoch erst durch den Rationalisierungsprozeß in Europa nach der Französischen Revolution fand sie allgemeinere Verbreitung.
(z.B. Fortschrittsglaube bei den Saint-Simonisten)
Als „positive Eugenik“ wird die Vorstellung von der Verbesserung des Erbguts durch züchterische Maßnahmen bezeichnet.
Die „negative Eugenik“ hingegen ist die Beseitigung des „schlechten“ Erbguts aus dem Genpool. Die Orientierung am Genpool relativiert den Wert der Individualität.

Die Eugenik stieß erst in den 1890´er Jahren auf ein vermehrtes Interesse in Deutschland.
Die Hauptvertreter sind Alfred Ploetz (1860-1940), Alfred Grotjahn (1869-1931) und Wilhelm Schallmayer (1857-1919).

Ploetz gründet schon als Primaner einen Geheimbund zur „Ertüchtigung der Rasse“ und begeistert sich für das Gedankengut von Ernst Haeckel.
In den 1880´er Jahren beginnt er sich mit dem utopischen Sozialismus (Robert Owen/Etienne Cabet) auseinander zu setzen und liest Cabets´ „Reise nach Ikarien“.
Er reist sogar in die USA, um vor Ort diese Kommunen zu studieren. Doch nach dem Besuch der Ikarier in Iowa wendet er sich enttäuscht ab, da seiner Meinung nach zu wenig auf den „Rassegedanken“ geachtet wird und die Kolonien zu schwärmerisch-religiös sind.
Während der Zeit der „Sozialistengesetze“ (1878 -1890) flüchtet er in die liberale Schweiz.
Bei dem Psychiater Auguste Forel (1848-1931) setzt er seine Studien fort. Es bildet sich ein Freundeskreis um Forel, wo über Rassenhygiene, die Befreiung der Frau und den schädlichen Einfluss von Alkohol debattiert wird.
1883 gründet Ploetz mit Freunden den Verein „Pacific“, mit der Idee eine auf rassehygienischen Prinzipien aufgebaute Kolonie in Südamerika zu bilden.
Nach der Jahrhundertwende gründet er 1905 in Berlin die „Gesellschaft für Rassenhygiene“. Auch der Dramatiker Gerhard Hauptmann war Mitglied.
Ploetz macht später Karriere -wie auch G. Hauptmann- im „Dritten Reich“.
Von Hitler wird er 1936 zum Professor ernannt und im selben Jahr sogar für den Friedensnobelpreis vorgeschlagen(!). 1937 tritt er dann in die NSDAP ein. Die Überlegungen aus der „Rassenhygienischen Gesellschaft“ fließen ein in das „Gesetz zur Verhütung erbkranken Nachwuchses“. Ploetz erweist sich hier als Vordenker der Euthanasie.

Ein weiterer Vertreter ist Alfred Grotjahn (1869-1931). Er begründet die „Soziale Hygiene“ mit seiner Schrift „Soziale Pathologie“(1912).
Er ist sowohl Mitglied in der „Gesellschaft für Rassenhygiene“, als auch SPD-Mitglied.
Auf dem Görlitzer Parteitag (1922) verfasst er den gesundheitspolitschen Abschnitt des Parteiprogramms.
Mit seiner 1926 erschienenen Schrift „Hygiene der menschlichen Fortpflanzung“ zeigt er sich als einer der radikalsten Eugeniker der Weimarer Republik. Dort tritt er für die „planmäßige Ausmerzung durch Verwahrung und Zwangsunfruchtbarmachung“ erblich Belasteter ein. Erfordert auch die Rationalisierung der menschlichen Fortpflanzung.
Die Zwangssterilisierung sollte Schwachsinnige, Epileptiker, Alkoholiker und Krüppel umfassen.
„Reinigung der menschlichen Gesellschaft von Kranken, Hässlichen und Minderwertigen“.
Die sozialistische Eugenik versteht sich als Abgrenzung zum Sozialdarwinismus („Kampf ums Dasein“) und zur Rassenanthropologie („Kraniologie“)

Willibald Hentschel hingegen träumte von ländlichen Zuchtgemeinschaften mit jeweils 1000 Frauen und 100 Männern. Die Monogamie sollte durch ein polygames System ersetzt werden, wo Männer und Frauen jeweils nur bis zur Schwangerschaft zusammen bleiben sollten.
Hier sollte eine Rasse von Blauäugigen und Blonden gezüchtet werden.
Hierfür gründete er den „Mittgartbund“. Seine Ideen verfasste er in der 1911 verfassten Schrift „Mittgart. Ein Weg zur Erneuerung der germanischen Rasse“. Er gehörte zur „Nordischen Bewegung“ und beeinflusste auch die völkische Bewegung in ihren Siedlungsprojekten („Siedlung Donnershag“).

Eugenische Sterilisationspolitik in Europa und den USA nach dem I. Weltkrieg

Die Eugenik verbreitete sich vor allem in den skandinavischen Ländern.
1929 führte Dänemark eugenische Maßnahmen ein. 1934-´35 folgen Schweden, Norwegen und Finnland. 1937-´38 folgen dann Island und Lettland.
Diese Staaten wurden (sozial)demokratisch regiert.
In Schweden wurden zwischen 1934 -1948 bis zu 12.000 Personen zwangssterilisiert.
In den USA wurden von 1907 -1939 schätzungsweise 31.000 Personen einer Zwangssterilisation unterzogen. Erst im Jahre 1974 endeten diese Programme.

Aber auch auf anderem Wege kann man eugenische Maßnahmen durch setzen.
Darunter fällt die rigorose Einwanderungspolitik -besonders gegen illegale Einwanderer aus Mexiko-, und das von Bill Clinton 1997 verabschiedete Gesetz welches die Sozialhilfe auf 5 Jahre begrenzt. Man könnte dies auch als Beschäftigungsprogramm für die private Gefängnisindustrie betrachten.
Besonders rabiat sind die Schweizer Behörden gegen sogenannte „Fahrende“ -in der Schweiz als „Jenische“ bezeichnet- vorgegangen.
Das Programm „Hilfswerk für die Kinder der Landstrasse“ wurde 1926 gestartet und dauerte bis ins Jahr 1972 an. Den Eltern wurden ihre „jenischen“ Kinder weggenommen, ins Heim gesteckt oder in Pflegefamilien untergebracht.
Auch wurden Zwangssterilisationen durchgeführt.
Dadurch sollte die „fahrende Lebensweise“ zerstört und „bürgerliche Ordnungs- und Sauberkeitsvorstellungen“ durchgesetzt werden.
Erst 1972 im Zuge der Studentenbewegung wurden diese Fälle durch die Schweizer Medien aufgedeckt. Insgesamt waren 600 Kinder von diesen Maßnahmen betroffen.

Desintegration

Nationalpark Germania
Mythengruft und Opferhain
Flakturm und Philosophenzirkel
Büchergilde Biedermeier

Nationale Erregung der
Schutzzölle
Leitkulturen
Expertenrunden

Nach Jahrzehnten des Aufstiegs
Zeigt sich der Reichtum als Chimäre
Alles Bluff!
Akkumulations – Nihilismus

Nationale Erregung der
Schutzzölle
Leitkulturen
Expertenrunden

Ökonomische Streitmacht
eilt dem Weltadel zu Hilfe
Militär errichtet die transparente Mauer
um das thyrrenische Meer

Die Boote voll faulender Algen
Vor Sizilien sieht man Schädel leuchten
Ein Frachter mit Edelmetall zieht vorbei
In Telefonen begraben sieht man es nicht blinken

Kontinentalplatten driften auseinander
Tausend Kilometer Todesstreifen
Armeen ziehen sich zusammen
Bär und Drache und Phönix

2010

BRDDR

 

 
Hiess es nicht nach dem Zerfall des Ostblocks, dies sei das Ende der Geschichte mit dem grossen G, welche davor doch nur vom historischen Materialismus nach dem Verschwinden der Klassengegensätze verkündet worden war?
Die Verheissung von dauernd ansteigendem Wohlstand, von grenzenloser Freiheit im Abendland der nicht mehr untergehenden Sonne.
Der Kreis schien sich zu schliessen.

Wie hämisch und überlegen gab man sich doch in den 90er Jahren.
Waren wir nun nicht vollkommen frei?

Doch ein allgemeines Unbehagen aus dem Kalten Krieg blieb zurück, weil die Angst so ungreifbar wurde--
konnte man sie von nun an nur in der Hoffnung auf die totale Vernichtung ertragen.

1986 war man sich nicht mehr im Klaren darüber, ob die Bedrohung eher durch den Russen,
oder die Radioaktivität grösser war.

Lag sie nicht vielmehr darin, dass nach der Gründung der BRD und der Verabschiedung des Grundgesetzes von konservativen Kräften versucht wurde....
wieder einen Obrikeitsstaat nach preußischem Muster durch die Hintertür mittels Notstandsgesetzgebung und Radikalenerlass zu installieren, gegründet auf dem Fundament von Arbeit, Familie und Religion?

Oder kam sie doch viel mehr vom verseuchten Salat und vergifteten Leitungswasser?

 

Zukünftig:

Nie hätte man sich erträumt, dass der präventive Überwachungsstaat für eine überwältigende Mehrheit solch eine Erleichterung darstellen würde, da er nun einem allzu lästige Entscheidungen beim Einkaufen, der Freizeitgestaltung, am Arbeitsplatz oder bei der Partnersuche abnimmt.  

 

Die Diktatur lächelt einem überall entgegen, voll mannigfacher Möglichkeiten.

 

BRDDR II

 

Der Dämon aus Karl-Marx-Stadt

 

Die Dämonen des Kalten Krieges sollen durch die politisch instrumentalisierte Doktrin des Totalitarismus ausgetrieben werden, massiv betrieben von Ex- Linken und Neu- Rechten beiderseits des Rheins.

Das verfolgt den Zweck: radikale Kritik an Staat, Gesellschaft und Ökonomie total in die Marginalität zu entsorgen.

„Links“ und „Rechts“ sind extrem.
Warum sitzt die FDP im Bundestag dann rechts aussen, und nicht in der Mitte?

„Totalitär“ soll verschleiern, dass die von der Verfassung garantierten Grundrechte von den Parteien der „Mitte“ jederzeit bei Bedarf ausser Kraft gesetzt werden können.
An diesem Schleier wird jeden Tag weitergewebt, nicht nur im Feuilleton, sondern indem man dieses Sprechen internalisiert und weitergibt.

Die Totalitarismusdoktrin: Hier soll die DDR mit dem „Dritten Reich“ gleichgesetzt werden, was logischerweise zu einer Relativierung der Naziverbrechen führen muss.
Stasi = Gestapo; Bautzen = Bergen- Belsen etc.

Gleichzeitig soll der Wähler vor die Entscheidung zwischen Freiheit oder Sozialismus gestellt werden. Die freie bzw. soziale Marktwirtschaft als einzig denkbare Wirtschaftstheorie.
Zwanzig Jahre nach der Wiedervereinigung.

 

Krieg ist Frieden

Armut ist Arbeit

 

Politik und Medien greifen auf die bis in die Kaiserzeit zurück reichende Kommunistenparanoia zurück, um alteingesessene Ängste in der Mittelschicht zu aktivieren:

Der Verfall der Nation, die Auflösung der Familien und die Zersetzung der Religion.

Heute geht die echte Gefahr von denen aus, welche schon an der Macht sind und um diese Macht samt ihrer Privilegien durch Aushöhlung von Grundrechten und der Verfassung vor Angriffen zu schützen.

Und nicht etwa unsere Freiheit.
Diese wird nicht am Hindukusch verteidigt.
Sondern hier und heute.
Und überall und übermorgen.

 

Während zum 20. Jahrestag des Mauerfalls von der friedlichen Revolution geschwärmt wurde, wird gleichzeitig eine schleichende Reform betrieben.
Der Bundespräsident möchte zunehmende Machtbefugnisse für sich in Anspruch nehmen.
Schon wird hinter den Kulissen der Umbau des Wahlrechts betrieben.

Der Krieg aussen -  und der Krieg innen.
Die Grenzen werden von den Nebelgranaten der monde diplomatique verwischt.

Alles nur zu eurem Besten!

Es kommt nicht die gerechte grüne faire Weltmarktwirtschaft.
Es kommt die blutig-eiserne Rückkehr des Nationalstaates, welcher im Auftrag multinationaler Firmen- und Bankkonglomerate, um deren Absatzmärkte und Rohstoffquellen zu sichern, an allen Ecken und Enden aufflackernde  Kriege führen wird.
Da werden wie zu Kaisers Zeiten willkürliche Grenzen durch Länder gezogen.

Jeden Morgen wälzt man sich aus dem Bett, in der Hoffnung es könnte besser werden.
Ein neuer Job, um nach oben zu kommen, damit man die Beinfreiheit hat nach unten zu treten.
Eine neue Wahl
Ein neuer Streik
Eine neue Revolution

um sich immer wieder Hoffnung machen zu können.

2010

                                                                  

POLITIK DER ANGST

 

Barack Hussein Obama ist der letzte Präsident der USA.

Im Jahr 2013 wird der 44. Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika einen gewaltigen Krieg entfachen, um den drohenden Staatsbankrott abzuwenden.

Bis dorthin muss er Afghanistan befrieden.

Da der Krieg gegen die Taliban militärisch nicht zu lösen ist, schließt er mit ihnen und den warlords einen Pakt und teilt sich die Gewinne aus dem Öl- und Gasgeschäft.

Die Mohnfelder bedecken die Täler am Hindukusch.

Schon Monate vor dem Abschluss der Gespräche haben die Taliban die letzten verbliebenen Mitglieder der UNICEF und der NGO´s im Fussballstadion von Kabul gekreuzigt und angezündet.

Die Zange ist nun gebildet, um Iran zu packen. Zum Angriff wird geblasen;

die US-Truppen marschieren auf in Bagdad und Herat.

Es herrscht Ausgangssperre.

Der russische Bär erwacht aus seinem Winterschlaf und schüttelt Bomben aus seinem Fell.

200.000 Soldaten fallen am ersten Tag der Schlacht in den Schneewüsten unterhalb des Damavand, einem erloschenen Vulkan, unweit von Teheran.

Der Hafen von Abadan steht in Flammen.

Gewaltige Feuerbälle explodieren über den Raffinerien.

Eine aus einem israelischen U-Boot abgefeuerte Atomrakete explodiert an einem warmen Maitag in einer Höhe von zwei Kilometern über dem Zentrum von Teheran und lässt augenblicklich alles zu schwarzem Staub zerfallen.

Der Bündnisfall tritt ein. NATO-Divisionen ertrinken in den reissenden Fluten der Gletscher, welche durch russische Atombomben geschmolzen sind.

China schickt zwei Millionen Soldaten.

Durch den Zusammenbruch des Dollars als Leitwährung im Frühjahr 2010 und nach einer gescheiterten Währungsreform, bricht die EU auseinander.

Die Schlagbäume fallen.

Der Preiswucher führt in den folgenden Monaten zu Revolten in den europäischen Metropolen. Banken werden gestürmt und Supermärkte geplündert.

Die Pläne zur Niederschlagung von Aufständen werden aus den Schubladen geholt, welche Innenminister Wolfgang Schäuble in enger Zusammenarbeit mit der Bundeswehr, der Polizei und dem BND entwickelt hat.

Auf dem ehemaligen Werksgelände von Opel und auf den leeren Containerumschlagterminals werden erste provisorische Internierungslager errichtet.

Regengüsse prasseln auf die Dächer der Wellblechbaracken.

Aufgedunsene Leichen treiben durch die Hafenkanäle.

Die Paranoia wächst.

Verdächtige werden durch paramilitärische Einheiten an den Backsteinwänden der verfallenen Wohnblöcke in der HafenCity erschossen.

In den Sielen unter dem Asphalt der Innenstadt haben sich die “Rebellen” versammelt.

Die Waffen werden gezählt.

Es sind die Partisanen der “Anarcho Antihumanistischen Gesellschaft” - jene, die in den Stahlbetonhöhlen ihre Versammlungen abhalten.

Plakatfetzen hängen von den Wänden

Der Geruch verbrannten Gummis weht über die Plätze.

Schwarze Rauchsäulen steigen in den grau-braunen Himmel auf.

2009